Erst in den fünfziger Jahren wuchsen in der Reichenau die ersten Häuser und Straßenzüge und so konnte man hier nicht auf eine traditionsreiche Vergangenheit zurückblicken. Stadtteile wie Hötting, Amras, Wilten oder Pradl hatten es da viel leichter und besaßen so von jeher guten Boden für Brauchtumsvereine. In der Reichenau musste erst der Samen gesät werden. Anfang der siebziger Jahre fassten beherzte Männer und Frauen den grundsätzlichen Beschluss, dem neuen Stadtteil Leben zu geben und gründeten eine Schützenkompanie. Am 10. September 1973 war es soweit - in der Hegnerschule fand die Gründungsversammlung statt. Das Proponentenkomitee bestehend aus Heinz Purgstaller, Hermann Hofer und Franz Wohlgemuth hatte zahlreiche Gäste zu dieser Veranstaltung eingeladen: Landeskommandant - Hofrat Dr. Walter Zebisch, Ehrenmajor vom Bataillon Innsbruck - Franz Steinlechner, Pfarrer von St. Paulus - Consiliarius Gotthard Egger, amtsführender Stadtrat - Romuald Niescher, zukünftige Fahnenpatin - Margarethe Eller-Müller, sowie weiter 45 Damen und Herren. Der Amtsführende Stadtrat Romuald Niescher richtete die Grußadressen an die Gäste und drückte seine Freude aus, dass im Stadtteil Reichenau ein gesellschaftlicher Kristallisationspunkt entsteht. Er gibt seiner besonderen Freude darüber Ausdruck, daß die Initiative zur Gründung einer Schützenkompanie im Stadtteil Reichenau entstanden ist, mit dem er politisch und wohnlich verbunden ist. Der Stadtteil Reichenau beginnt erst durch diese Gründung zu leben. Vom Ehrenmajor Steinlechner wurde der Wahlvorschlag für die Zusammenstellung des Kompanieausschusses bekannt gegeben und zur Abstimmung gebracht. Der gewählte Hauptmann Horst Kaltenbrunner verspricht, die Schützenkompanie Innsbruck-Reichenau im alten Geist und neuen Stil zu führen. Nachträglich, im November 1973, wurde Heinz Purgstaller zum Obmann der Kompanie gewählt.
Das erste Exerzieren fand am 24. Jänner 1974 in der Eugenkaserne statt. Für diese Ausbildung war Leutnant Erich Enzinger - der heutige Bataillonskommandant des Bataillon Innsbruck - verantwortlich. Ein mehrmaliges unentschuldigtes Fernbleiben zog damals den Entzug der Tracht bzw. den Ausschluss aus der Kompanie nach sich. Ein Appell richtete sich an jedes Kompaniemitglied nach Möglichkeit immer an den Exerzierabenden teilzunehmen, damit unser Stadtteil bei jedem öffentlichen Auftritt gut repräsentiert wird.
Gewählt wurden:
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Hauptmann:
Oberleutnant:
Leutnant:
Leutnant:
Oberjäger:
Waffenmeister:
Zeugwart:
Schriftführer:
Kassier:
Chronist:
Beisitzer:
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Horst Kaltenbrunner
Franz Wohlgemuth
Erich Enzinger
Hermann Hofer
Karlheinz Wallnöfer
Karl Vogelsberger
Hans Witzeneder
Hermann Wiesinger
Wolfgang Thoman
Adolf Wagner
Heinz Purgstaller
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Bei der am 04. Februar 1974 stattgefundenen Kompanieversammlung wurde beschlossen, Stadtrat Romuald Niescher, der von der Gründung weg den Ehrenschutz über die Schützenkompanie Reichenau übernommen hatte, zum Ehrenhauptmann der Kompanie zu wählen. Anlässlich des Gründungsfestes am 02. Juni 1974 wurde dann dem Ehrenhauptmann in feierlicher Form der Säbel überreicht. Ebenso beim Gründungsfest wurde die von der Fahnenpatin Margarete Eller-Müllergespendete Schützenfahne vom Landeskuraten Msgr. Prof. Albuin Jordan geweiht. Neben der Fahnenpatin hat vor allem eine Frau die bisherigen Geschicke der Kompanie ganz wesentlich mitgestaltet. Frau Eva Siedler, der auch für ihre Verdienste 1976 der Ehrenkranz des Bundes der Tiroler Schützenkompanien verliehen wurde. Die Schützenkompanie hatte im ersten Jahr 6 kamerad- und gesellschaftliche Veranstaltungen sowie 31 Exerzierabende abgehalten. Viermal ist die Kompanie ausgerückt und siebenmal wurde eine Abordnung gestellt. Am 29. September 1974 wird der Kompanieausschuss ermächtigt, mit der Fa. Hans Müller einen Vertrag hinsichtlich der Verpachtung eines neu zu errichtenden Heimes für die Schützenkompanie abzuschließen. Alle Kompaniemitglieder verpflichteten sich, nach besten Kräften beim Bau dieses Heimes mitzuarbeiten. Eine Jungschützengruppe wurde gegründet. Adolf Wagner wurde zum Jung-schützenbetreuer gewählt und DI Eugen Sprenger übernahm die Agenden des Chronisten. Auch die Gründung der Schützengilde unter Ober-schützenmeister Franz Wohlgemuth fand zu diesem Zeitpunkt statt.
Am 06. Februar1975 fand dann die Unterzeichnung des Mietvertrages für das Schützenheim statt. Mit dem Bau des Heimes wurde im April begonnen, die feierliche Übergabe erfolgte im Oktober.
Die ersten Schwierigkeiten ergaben sich Ende 1974:
Die Zillertaler Schützen bestanden auf eine Trachtenänderung, weil die Reichenau zur Katastralgemeinde Pradl gehört und somit praktisch eine 2. Einheit im Katastralbereich bildet und die Pradler eben eine Zillertaler Tracht tragen. Daher wurde diese Tracht gewählt, welche äußerlich nur schwer erkennbare Unterscheidungsmerkmale aufweist. Dieses Recht wurde ihnen durch Kaiser Franz Josef im Jahr 1884 verliehen. Alle Argumente nützten nichts, es wurde aber schlussendlich nach langen Gesprächen eine Einigung mit den Zillertalern erzielt. Das Ergebnis ist die heutige Reichenauer Tracht.
Besiegelt wurde dieses Übereinkommen mit einer Einladung als Ehrenkompanie zum Zillertaler Regimentsfest 1977.
Nach dem raschen Aufbau der Kompanie legte der rührige Obmann Heinz Purgstaller im Jahre 1976 seine Funktion zurück. Der damalige Leutnant Hans Witzeneder wurde für diese Aufgabe vorgeschlagen und gewählt. Das Duo Horst Kaltenbrunner und Hans Witzeneder führt über zwei Jahrzehnte die Reichenauer Schützenkompanie. Heute sind beide in ihren Funktionen als Ehrenmitglieder, mit Sitz- und Stimmrecht auf Lebzeiten, noch immer in unserer Kompanie tätig. Den Jungschützen wurde zum fünfjährigen Bestehen der Kompanie 1978 ihre Fahne von der Familie Purgstaller gewidmet. Als Fahnenpatin fungierte Frau Sylvia Purgstaller. 1986 wurde auch der Gattin des Hauptmannes für ihre Treue zur Kompanie der Ehrenkranz verliehen. Während sich vor allem in der ersten Zeit ein relativ rascher Wechsel bei den Mitgliedern vollzog - nur mehr wenige Trachtenträger der 1. Stunde sind noch dabei - hat sich nun die Kompanie sehr gut konsolidiert und kann sich vor allem über den Zugang vieler junger Männer freuen. Der Kompanie gehören derzeit 5 Marketenderinnen, 58 Schützen ( davon 8 Ehrenoffiziere) sowie 9 Jungschützen an.
Die Schützenkompanie Innsbruck - Reichenau wurde immer wieder zu ehrenvollen Ausrückungen gerufen.
Aber nicht nur Ausrückungen und Abordnungen prägen das Leben unserer Schützenkompanie, auch der gesellschaftlichen Komponente wird große Bedeutung beigemessen. Der jährliche Schützenball, Stadtteil- oder Sommerfeste, Nikolo- und Weihnachtsfeiern, Geburtstage und Schützen-Hochzeiten sind Anlässe, die uns immer wieder in gemütlichem Rahmen, unter Teilnahme unserer Angehörigen und Freunde zusammenführen und uns zu einer großen Familie werden lassen. Ohne soziale Herkunft und Berufsstand zu unterscheiden, jenseits aller Parteipolitik, finden sich die Schützen zusammen und sind bestrebt, in kameradschaftlicher Zusammenarbeit den vorgezeichneten Weg zu gehen.
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